Die Rauhnächte sind die 12 Tage bzw. Nächte zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag. Es ist ein mystischer Jahresabschnitt, und wird zurecht als die Zeit zwischen der Zeit bzw. die Zeit zwischen den Jahren bezeichnet. Ich finde diese Beschreibung sehr passend, denn für mich ist sie mit keiner anderen Phase des Jahres vergleichbar. Es ist eine Zeit des Rückzugs und der Reflektion, in der ich jedes Jahr irgendwie das Zeitgefühl verliere.

Je nach Region und damit verbundenem Brauchtum unterscheiden sich der Anfangszeitpunkt und die Dauer der Rauhnächte. Man beginnt die Zählung üblicherweise am 21. Dezember, dem Tag der Wintersonnenwende, oder in der Nacht auf den 25. Dezember. In manchen Regionen werden nur 3 oder 6, mancherorts sogar 13 Rauhnächte zelebriert. Der Beginn und die Dauer ist, besonders in der heutigen Zeit, eine sehr individuelle Angelegenheit, da die Rauhnächte meist persönlich, und nur selten im Rahmen der Familie gefeiert werden.

Traditionell wird diese Zeit für die Durchführung von Schutz- und Reinigungsritualen genutzt. Der Schleier zwischen unserer Welt und der Anderswelt soll nun besonders dünn sein. Darum haben auch das Wahrsagen und Orakeln in den Rauhnächten einen hohen Stellenwert, um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.

Geschichte der Rauhnächte

Bekannt war der Mythos der Rauhnächte schon bei den Kelten und Germanen. Heute geht man davon aus, dass diese besondere Phase durch die Diskrepanz zwischen dem germanischen Mondkalender (354 Tage im Jahr) und dem heutigen Sonnenkalender (365 Tage) entstand. Die 11 Tage bzw. 12 Nächte Differenz sind also die Zeit zwischen den Jahren.

Die Rauhnächte galten als ein dunkler, mystischer Jahresabschnitt. Aufgrund der kurzen Tage bzw. der vorherrschenden Dunkelheit, war es eine arbeitsfreie Zeit, die Zeit des Rückzugs und der Reflektion sowie die Zeit der Familie. Auch auf den persönlichen Schutz wurde viel Wert gelegt, denn man glaubte, dass in dieser Zeit Geister und Dämonen ihr Unwesen treiben, da die Pforte zur Anderswelt offen steht. Auch die Perchten sind in dieser Zeit unterwegs. Diese haarigen, zotteligen, wilden Gestalten könnten übrigens den Rauhnächten zu ihrem Namen verholfen haben. Das mittelhochdeutsche Wort „rûch“ bedeutet pelzig oder haarig. Eine zweite Theorie besagt, dass sich der Name von der Räuchertradition dieser Nächte (mittelhochdeutsch „rouch“) ableitet.

Die Rauhnächte in mystischer Stimmung
Die Rauhnächte in mystischer Stimmung

Zeit der Schutz- und Reinigungsrituale

In alten Überlieferungen wird erzählt, dass die üblichen Naturgesetze in den Rauhnächten nicht mehr gelten, und dass der Zugang zu anderen Welten offen steht. Aus diesem Grund wurden Haus und Hof besonders geschützt, typischerweise durch Räucherungen. Um negative Energien zu entfernen und Geister und Dämonen fernzuhalten, nutzte man heimische Kräuter und Harzen für Schutz und Reinigung. Für eine solche Räucherung bieten sich beispielsweise Beifuß, Eisenkraut, Salbei, Wacholder oder Fichtenharz an.

Haus und Hof wurden entrümpelt und aufgeräumt, damit sich in der Unordnung keine Kobolde oder Geister einnisten. Die Wäsche wurde abgenommen, da man Angst hatte, Dämonen würden sie stehlen und im laufenden Jahr als Leichentuch für den Besitzer verwenden. Auch die Wäscheleinen wurden abgenommen, da der Glaube herrschte, die Wilde Jagd bzw. die Seelen der Verstorbenen könnten sich darin verfangen. Je nach Überlieferung wird die Wilde Jagd von Odin bzw. Wotan, Perchta oder Frau Holle angeführt.

Neben den Räucherungen, vertrieb man die Geister und Dämonen auch mit Lärm. Dazu gingt man durch das ganze Haus und klopfte mit Holz auf Pfannen oder Töpfe. Das Böllern und die Feuerwerke zu Silvester sind ein Überbleibsel dieses Brauches.

Zeit der Orakel und des Wahrsagens

Die Rauhnächte waren seit jeher die Zeit des Orakelns und des Wahrsagens. Auch heute noch nutzt man Wetterorakel, Traumorakel und viele andere Deutungsmethoden. Beispielsweise heißt es, dass alles was man während dieser Nächte träumt, im neuen Jahr tatsächlich geschieht. Durch die unterschiedlichen Wahrsagemethoden werden Rückschlüsse auf den Verlauf der kommenden 12 Monate gezogen. Ein typisches Überbleibsel dieses Orakel-Brauches ist das Blei- bzw. Wachsgießen, welches häufig zu Silvester durchgeführt wird.

Auch mit den Wunschzaubern verhält es sich ähnlich. Bei der Durchführung besonderer Rituale werden Wünsche für die nächsten 12 Monate geäußert. Diese sollen im folgenden Jahr in Erfüllung gehen. Die Zeit der Rauhnächte kann auch genutzt werden, um in den ersten 6 Nächten Vergangenes abzuschließen, und in den restlichen 6 Nächten die Wünsche für die Zukunft zu visualisieren.

Die Rauhnächte in der Neuzeit

Auch heute ist die Tradition des Räucherns in den Rauchnächten immer noch präsent. Vor allem in ländlicheren Gegenden ist dies ein wichtiger Bestandteil der Weihnachtszeit. Häuser und Wohnungen werden aufgeräumt und insbesondere am Weihnachtsabend, zu Silvester und Neujahr ausgeräuchert.

Auch das Orakeln findet mit dem Brauch des Bleigießens in der breiten Bevölkerung Zustimmung. Aber auch immer mehr Menschen nehmen sich wieder die Zeit, um mit Tarot- oder Orakelkarten oder mit Traumdeutungen die nächsten 12 Monate vorherzusagen.

Für mich ist sowohl das Räuchern, als auch das Orakeln wichtiger Bestandteil der Rauhnächte, und gehören für mich einfach zu diesem mystischen Jahresabschnitt. Jedoch bin ich der Meinung, dass wir in dieser Zeit nicht nur an unsere Zukunft denken, sondern unsere derzeitige Lebenssituation ebenfalls reflektieren sollten.

Es gibt viele Achtsamkeitspraktiken, welche sich für diese Zeit bestens eignen. Dazu gehört zum Beispiel das Führen eines Dankbarkeits-Tagebuches. Dafür nimmt man sich bewusst Zeit für sich selbst, und verzichtet auf das Handy und ähnliche Störfaktoren. Man schaltet seine Lieblingsmusik ein, und gibt vielleicht eine Räucherung auf ein Räucherstövchen. Man reflektiert seine aktuelle Situation und schreibt für sich selbst auf, wofür man im eigenen Leben eigentlich dankbar ist. Dies kann alle Lebensbereiche betreffen. Besonders schön ist es, den Fokus auch auf die kleinen Freuden des Lebens zu lenken.

Kennt ihr die Rauhnächte bereits? Mit welchen Aktivitäten verbringt ihr diese mystische Zeit?


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