Beinwell ist eine Pflanze mit einer langen Geschichte. Bereits im antiken Rom und Griechenland, im alten Ägypten, sowie bei den Kelten und Germanen war dieses Kraut aus der Heilkunde nicht wegzudenken. In all diesen Kulturen wurde Beinwell zur Behandlung von Knochenbrüchen, Verstauchungen, Verrenkungen, Blutergüssen, aber auch zur Heilung von Hautkrankheiten und Tumoren eingesetzt. Das Wissen um diese Pflanze hat sich auch im Mittelalter durch die Klostermedizin gefestigt und hat sich in der modernen Heilpflanzenkunde ebenfalls etabliert.
Die ursprüngliche Heimat des Beinwells wird in Kleinasien vermutet, jedoch konnte er sich durch seine Beliebtheit als Heil- und Nahrungspflanze sehr schnell in ganz Europa verbreiten. Er bevorzugt nährstoffreiche Standorte und siedelt sich gern an Wegesrändern, Wiesen, aber auch an feuchten Uferzonen an.
Der Name Beinwell ist ein eindeutiger Verweis auf seine Anwendungsgebiete. Er leitet sich von der althochdeutschen Bezeichnung „beinwalla“ ab. Bein war die generelle Bezeichnung für Knochen, wallen bedeutet zusammenwachsen. Sein botanischer Name ist Symphytum officinale. Der Gattungsname stammt vom griechischen Wort „symphein“, was ebenfalls als zusammenwachsen übersetzt werden kann. Der Artname officinale verweist auf den Gebrauch als Heilpflanze in mittelalterlichen Apotheken.
Aussehen
Beinwell gehört zur Familie der Raublattgewächse und ist mit dem Gefleckten Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) und dem Borretsch (Borago officinalis) verwandt. Er ist eine winterharte, mehrjährige Pflanze welche gerne in Gruppen auftritt. Je nach Standort wird er zwischen 60 und 120 Zentimeter hoch. Seine Pfahlwurzel reicht bis 50 Zentimeter in den Boden. Sie ist außen beinahe schwarz, innen weiß. An der grob verzweigten Hauptwurzel befinden sich viele feine, helle Nebenwurzeln.
Der Stiel ist aufrecht, etwas verzweigt und borstig behaart. Auch die Blätter sind mit zahlreichen Drüsenhaaren besetzt. Die Blätter sind wechselständig, lanzettlich geformt und können bis zu 60 Zentimeter lang werden. Dabei sind die unteren Blätter gestielt und länger als die oberen, welche meist nur 25 Zentimeter Länge erreichen. Die Blattränder sind leicht gewellt, die Blattadern sind ausgeprägt.
Während der Blütezeit, welche sich von Mai bis September erstreckt, bildet der Beinwell traubenartige Blütenstände aus. Die kelchartigen Einzelblüten sind gestielt und in Purpur- und Violetttönen gefärbt. Es treten aber auch häufig gelbe Farbvarianten auf. Meist sind die Blüten 1 bis 1,5 Zentimeter lang und zum Boden hin geneigt. Jeder Blütenkelch bildet vier Früchte aus, welche im Oktober heranreifen.
Volksheilkunde
Sowohl die Blätter als auch Wurzeln werden heilkundlich verwendet, denn sie enthalten viele Schleimstoffe, Gerbstoffe, und vor allem den Wirkstoff Allantoin. Diese Kombination an Inhaltsstoffen macht die Pflanze entzündungshemmend, durchblutungsfördernd, schmerzlindernd, abschwellend, wundheilungsfördernd, geweberegenerierend und fördert die Neubildung von Körperzellen.
Aus diesem Grund wird Beinwell bei Gelenks- und Gliederschmerzen, bei Muskelbeschwerden, bei Knochenbrüchen, Verrenkungen und Verstauchungen, bei Prellungen, Quetschungen und Zerrungen, sowie zur generellen Wundheilungsförderung und zur Schmerzlinderung eingesetzt. Darüber hinaus eignet sich die Pflanze aufgrund der regenerierenden Eigenschaften hervorragend zur Hautpflege und ist auch gegen Hautunreinheiten wirksam.
Die Anwendung erfolgt meist äußerlich, zum Beispiel durch Umschläge. Hierzu können sowohl die frischen, zerstampften Blätter aufgelegt werden, oder ein Heißwasserauszug verwendet werden. Obendrein eignet sich die Pflanze hervorragend zur Herstellung von Ölen und Salben, da damit das Auftragen erleichtert wird und die Wirkstoffe besser in die Haut eindringen können.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Pflanze Pyrrolizidinalkaloide in kleinen Mengen enthält, welche der Pflanzengattung ungerechtfertigterweise einen schlechten Ruf einbrachte. Diese Kontroverse wurde bereits im Artikel der Pestwurz (Petasites hybridus / albus) andiskutiert.
Kulinarik
Nicht nur heilkundlich, sondern auch kulinarisch hat Beinwell eine lange Geschichte. Die Blätter haben einen hohen Proteinanteil und einen milden, gurkenähnlichen Geschmack. Die gehackten Blätter können unterschiedlichen Gemüsegerichten beigegeben werden. In manchen Regionen werden die Blätter sogar in Teig ausgebacken, oder man verwendet sie zum Einwickeln von Speisen, ähnlich den gefüllten Weinblättern.
Die Wurzeln können im Herbst und zeitigen Frühjahr ausgegraben werden und sowohl roh als auch gekocht verzehrt werden. Die Stiele können als Pfannengemüse verwendet werden, sofern man sie schält und von den Fasern befreit. Die bunten Blüten eigenen sich hervorragend als essbare Dekoration und verleihen auch Teemischungen ansprechende Farbkleckse.
Räuchern
Die hilfreiche Wirkung des Beinwells zeigt sich auch beim Räuchern. Er schafft Erleichterung, wenn wir von unseren eigenen Emotionen und Zukunftsängsten zurückgehalten und blockiert werden. Er schenkt uns einen zuversichtlichen Blick auf die Zukunft und hilft den eigenen Lebensweg mutig zu beschreiten. Beinwell stärkt das Selbstbewusstsein und die Widerstandsfähigkeit. Wie auch körperlich, lässt er seelische Wunden verheilen und Bruchstücke zusammenwachsen.
Bereits im Mittelalter wurde Beinwell verräuchert um Krankheitsdämonen aus Krankenzimmern zu vertreiben, denn er hat stark abwehrende und schützende Eigenschaften. Aus diesem Grund wird er auch gerne bei schamanischen Reisen verräuchert. Dazu eigenen sich die getrockneten Wurzeln, Blätter und Blüten.
Garten und Landwirtschaft
Beinwell tut nicht nur unserem Körper und unserer Seele gut, sondern unterstützt sogar im Garten. Beinwellextrakte werden genutzt um die Resistenz schädlingsanfälliger und geschwächter Pflanzen zu verbessern. Dazu wird eine Beinwelljauche angesetzt. Die Blätter werden geschnitten und in einem großen Behälter mit Wasser übergossen. Dieser Ansatz wird 1 bis 2 Wochen stehen gelassen. Dabei entwickelt sich ein unangenehmer Geruch. Die Jauche wird anschließend im Verhältnis 1:10 mit Wasser verdünnt und auf die betroffenen Pflanzen aufgetragen sowie in den Boden eingeleitet. Bei akutem Schädlingsbefall wird ein Heißwasserauszug zubereitet und die Pflanzen nach dem Abkühlen täglich damit versorgt.
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