Sobald der Frost ins Lande zieht und sich die Blätter im Vollherbst zu verfärben beginnen, ist die beste Zeit, um nach Wurzeln zu graben. Eine der bekanntesten Speise- und Heilwurzeln, die wir in ihrer verwilderten Form finden können, ist der Kren. Die Bezeichnung Kren wird vor allem in Österreich und Süddeutschland verwendet, während die Pflanze im restlichen deutschen Sprachraum unter dem Namen Meerrettich bekannt ist.

Ursprünglich stammt die Pflanze aus Südosteuropa. Da sie in ganz Europa schon lange für Heilzwecke angebaut wurde, verwilderte sie auch und ist so in unserer Natur heimisch geworden. Oft finden wir die Krenpflanze an jenen Stellen, die früher als Gartenfläche genutzt wurde. Da sich aus jedem kleinen Wurzelstück eine neue Pflanze bilden kann, treten oftmals größere Bestände auf.

Die Namensherkunft des Wortes Meerrettich ist etymologisch nicht vollständig geklärt. Auch wenn auf den ersten Blick vermuten lässt, dass der Name mit dem Meer zu tun hat, ist ein anderer Ursprung wahrscheinlicher. Es wird angenommen dass die Bezeichnung vom althochdeutschen Wort „mer“ stammt, was groß bedeutet. Die Bezeichnung Rettich leitet sich vom lateinischen Wort „radix“ ab, was Wurzel bedeutet. Somit ist der Meerrettich eine große Wurzel.

Die Herkunft des Wortes Kren ist besser belegt. Es stammt vom slawischen „krenas“, was weinen bedeutet. Wer die Wurzel schon einmal verarbeitet oder genossen hat, wird diesen Namen gut nachvollziehen können.

In der botanischen Literatur trägt der Kren den Namen Armoracia rusticana. Der Gattungsname Armoracia bedeutet „am Meer wachsend“. Armorica war aufgrund ihrer Lage auch der keltische Name der heutigen Bretagne. Rusticana bedeutet bäuerlich und weißt auf die verbreitete Nutzung als Kulturpflanze hin.

Kren / Meerrettich (Armoracia rusticana) Blüte
Kren (Armoracia rusticana) Blüte

Aussehen

Außerhalb der Blütezeit ist der Kren trotz seiner Größe eher unscheinbar. Seine Blätter und sein generelles Aussehen ähnelt unseren heimischen Ampfer Arten. Meist wird die unbehaarte Pflanze zwischen 50 und 120 Zentimeter hoch und bildet einen buschigen Blattstand. Die Blätter haben eine saftige grüne Farbe, sind gekerbt und etwas gewellt. Die Blattnerven treten eindeutig hervor.

Zwischen April und Juni bildet der Meerrettich seine Blüten aus. Jeder traubige Blütenstand besteht aus vielen Einzelblüten. Jede Blüte besteht aus vier weißen Kronblättern die 5-7 Millimeter groß sind. Nach der Bestäubung bilden sich Fruchtschoten, welche jedoch nur selten Samen hervorbringen. Die Verbreitung des Meerrettichs erfolgt großteils durch die Seitenwurzeln der Pflanze, welche auch Fechser genannt werden.

Die senkrechte, walzenförmige Pfahlwurzel hat eine Länge von 30-40 Zentimeter und wird 4-6 Zentimeter breit. Außen ist die Wurzel von gelblich-brauner Farbe, im Inneren ist sie weiß und hat eine fasrige Struktur. Was die Pflanze besonders macht, ist ihre Fähigkeit Temperaturen bis minus 50 Grad Celsius unbeschadet zu überstehen.

Kren / Meerrettich (Armoracia rusticana) Wurzel
Kren (Armoracia rusticana) Wurzel

Volksheilkunde

Der Kren wurde bereits in der Antike als Heilmittel eingesetzt. Man fand Abbildungen des Meerrettichs sogar auf einem Wandbild in den Ruinen von Pompei. Die römische Pflanzengöttin Flora wurde dort mit einer Krenpflanze abgebildet. Auch in der griechischen Mythologie wurde der Wert dieser Pflanze mit jenem von Gold gleichgesetzt.

Bis in die heutige Zeit wird die Heilkraft der Pflanze in der Volksheilkunde stark geschätzt. Für seine Wirkung, sowie für seine besondere Schärfe, sind vorwiegend die enthaltenen Senfölglykoside verantwortlich. Darüber hinaus enthält Kren viel Vitamin C, Vitamin K, Folsäure, Vitamin B1, B2, B6 und Niacin (B3). Auch sein Mineralstoffgehalt ist nicht zu unterschätzen und beinhaltet unter anderem Kalzium, Kalium, Magnesium, Eisen und Phosphor.

Durch seine antimikrobielle Wirkung gilt der Kren, so wie auch die Kapuzinerkresse, als natürliches Antibiotikum und wird bei Infekten der Atem- und Harnwege eingesetzt. Insbesondere bei grippalen Infekten mit ihren vielfältigen Symptomen bietet die Pflanze wunderbare Unterstützung. Besonders die Kombination aus Kren und Kapuzinerkresse gilt als natürliches Breitbandantibiotikum, mit dem großen Vorteil keine Antibiotikaresistenzen hervorzurufen. Für die Einnahme wird Kren vorwiegend in geriebener Form pur eingenommen, in Honig ausgezogen oder als Tinktur zubereitet. Nicht zu verachten ist auch seine verdauungsfördernde Wirkung, weshalb sich der Kren auch seinen Platz auf unserem Speiseplan verdient hat.

Äußerlich wird der Meerrettich bei Muskel- und Nervenschmerzen, Verspannungen und Kopfschmerzen angewendet. Für diese Beschwerden nutzt man geriebenen Kren, welcher in ein Baumwolltuch gewickelt wird und auf die schmerzende Körperstelle gelegt wird. Sobald sich ein Brennen einstellt, sollte der Umschlag entfernt werden.

Diese Heilwurzel ist generell frei von Nebenwirkungen. Jedoch ist zu beachten, dass die Senfölglykoside in größeren Mengen stark reizend wirken, weshalb die Dosierung vorsichtig erfolgen sollte.

Kulinarik

Die Wurzel wurde bereits sehr früh aufgrund ihrer medizinischen Vorteile angebaut. Die Nutzung als Speise- bzw. Gewürzpflanze ist erst seit dem Ende des 16. Jahrhunderts belegt. Gemeinsam mit dem wilden Senf ist sie eine der wenigen heimischen Würzpflanzen.

Als Zugabe zu bestimmten Speisen ist der Kren in unserem Kulturkreis nicht mehr wegzudenken. Sei es nun die frisch geriebene Wurzel zur Osterjause, oder mit Sahne gemischt als Beigabe zu Fisch- und Fleischgerichten. Der Kren mit seinem intensiv kresseartigen, scharfen Geschmack und seiner verdauungsfördernden Wirkung.

Es ist jedoch weniger bekannt, dass auch die Blätter und Blüten als ein wohlschmeckendes, scharfes Gewürz verwendet werden können. Besonders nach dem frischen Austrieb im Frühjahr haben die Blätter einen angenehmen Geschmack, und die Blüten verleihen pikanten Gerichten hübsche und würzige Akzente.

Volksmagie

Da sich die ätherischen Öle des Krens beim Trocknen verflüchtigen, ist keine Räucheranwendung für diese Pflanze bekannt. Sie wird jedoch in der österreichischen volksmagischen Praktik des „Krenbetn“ genutzt, um Erkältungskrankheiten loszuwerden. Dazu werden Krenschreiben auf eine Schnur gefädelt und zu einer Kette gebunden. Die Anzahl der Scheiben ist dabei immer eine ungerade. Meist handelt es sich um 9, 7 oder 5 Scheiben. Während des Auffädelns bittet man um Genesung. Die Kette hängt man sich nachts um. Nach der Verwendung wird die Kette, wie für volksmagische Praktiken üblich, eingegraben oder verbrannt.

Nutzt ihr den Kren kulinarisch oder bereichert er auch eure Hausapotheke?


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